Unbezahlte Werbung wegen Markennennung – Ticket und Wochenende wurden von mir selbst gezahlt\ Drei kraftlose Elefanten quälen sich durch die Wüste auf der Suche nach einer Wasserstelle. Übermüdet von der knapp 600 Kilometer langen Strecke, die sie bereits hinter sich gelegt haben, torkeln sie orientierungslos durch fremdes Terrain. Vergeblich suchen sie nach ihresgleichen. Jede Hoffnung einer kleinen, unbelebten Oase entpuppt sich, bei näherem Betrachten, als Fata Morgana. Immer wieder bleibt einer der Gruppe auf der Strecke zurück und wird von den anderen angetrieben, die letzten Kräfte zu aktivieren. Der Glaube daran, jemals anzukommen, ohne bei dem Vorhaben zu verdursten, schwindet mit jedem Schritt ein bisschen mehr. Ziemlich genau so fühlten wir uns an diesem Freitag im Juli, als wir uns nach der langen Anreise zum Melt Festival, auf die Suche nach einem freien Zeltplatz begaben. Vollgepackt mit unserem gesamten Hab und Gut, kämpften wir uns, bei 35 Grad im Schatten, durch Australien, Frankreich und die Niederlande. Nicht, dass wir kulturell nicht aufgeschlossen wären, aber ein gesunder Patriotismus in der Nachbarschaft, war uns, in Anbetracht der Situation, doch etwas lieber. Spaß beiseite … tatsächlich war es eine schöne Erfahrung, dass zu einem deutschen Festival so viele Musikdurstige aus der Ferne angereist kommen. Die können sich, im Gegensatz zu uns Deutschen, nämlich noch benehmen und geben bei der Auslieferung der Festivalbändchen nicht ihr Niveau mit ab. Und trotzdem ist es angenehmer den Zeltnachbarn mal eben schnell nach einem Hering fragen zu können, statt sich erst auf Netzsuche begeben zu müssen, um die passende Übersetzung googlen zu können. Sicher, den ein oder anderen Vaterländler mag man im betrunkenen Zustand gerne mal mit einem Holländer verwechseln, aber begibt man sich auf das gleiche Bier-Level, sind dem kommunikativen Austausch keine Grenzen mehr gesetzt. Aber das war lange nicht der einzige Stein auf unserem harten Zeltplatzweg. Auch die Drogengroßhändler wollten wir in unseren Vorgärten vermeiden. Es war also nicht ganz leicht, ein passendes Grundstück für unsere beiden Eigenheime ausfindig zu machen. Einzig und allein der kontaktfreudigen Art von Tatjana und Vicky hatten wir es zu verdanken, dass uns drei übrig gebliebene Quadratmeter aus Kleve angeboten wurden.
MELT FESTIVAL 2018 – FLORENCE AND THE MACHINE
Der erfolgreiche Aufbau unserer Eigenheime wurde feierlich mit drei Flaschen Wein begossen. Die beste Grundlage für den nächsten Fussmarsch. Eine knappe halbe Stunde flanierten wir am Gremminer Seeufer entlang, bis wir endlich die Tore des Melt Festivals durchqueren durften. Ein Bild, das sich jahrelang nur in meiner Phantasie abgespielt hatte. Wie lange schon, war das Festival in Ferropolis – der Stadt aus Eisen – ein Wunschtraum. Immer wieder machten mir Termine und das nötige Kleingeld einen Strich durch die Rechnung. Argumente, die beim Headliner Florence and the machine im Keim erstickt wurden. Nach Coldplay und den Foo Fighters war es schlichtweg meine Pflicht das nächste Must-See von der Musikkünstler-Liste streichen zu können. Florence die Große – eine Frau, die ich seit Jahren vergöttere. Ihr endlich auch mal, außerhalb ihres Instagram-Feeds, nahe sein zu können, war Anreiz genug, die weite Anreise auf sich zu nehmen. Aber auch der atemberaubende Anblick der Festivalkulisse, ließ schnell vergessen, dass mir der Großteil des restlichen Line-Ups absolut kein Begriff war. Die wohl schönste Loaction, die man sich für einen solchen Anlass nur wünschen kann! Nicht nur, dass das stillgelegte Bergbaugelände, dank seiner Bagger, einen ganz eigenen Charme versprüht. Auch die direkte Nähe zum Seeufer und die kleinen Waldstücke werden großartig in das Festival integriert. Einzig und allein die angesetzte Running Order machte mir ein bisschen zu schaffen. Sleeples Floor und Acts auf einer der Main Stages bis 7 Uhr morgens. Spielzeiten, mit denen ich zuletzt auf der Nature One, vor 5 Jahren, konfrontiert war. Als Gegner chemischer Drogen ein Ding der Unmöglichkeit. Glücklicherweise kommen beim Melt Festival aber auch Menschen mit weniger Durchhaltevermögen nicht zu kurz. Dank der Freilichtbühne bietet Ferropolis genügend Sitzplätze mit bester Sicht auf die Main Stage und ist somit auch für ältere Generationen bestens geeignet. Bei Florence and the machine wollte ich, mit meinen angehenden 33, aber trotzdem nochmal ganz weit vorne mitmischen. Bei überschaubaren 20.000 Besuchern durchaus umsetzbar. Ein weiterer Pluspunkt beim Melt Festival: Die räumlich begrenzte Kulisse, lässt größere Besucherzahlen schlichtweg nicht zu. Ein unvergesslicher Moment, als Florence barfuss über die Bühne wirbelte. Mit langem Satinkleid, engelsgleicher Stimme und einer beneidenswerten Leichtigkeit, versprühte sie nicht nur eine große Portion Glücksgefühle, sondern auch jede Menge Hippiefeeling. Ab der ersten Sekunde wurde ich in ihren Bann gezogen und erst Stunden nach dem Auftritt wieder losgelassen. Eine Performance, die es in sich hatte und an diesem Wochenende nicht mehr getoppt werden konnte.
#MUSIKDURSTIG – BIERYOGA UND HENNA ZUM FRÜHSTÜCK
Unser Tag endete um 04:30 Uhr am Strand der Melt Selektor Stage, unsere Nacht vier Stunden später in einem Zelt mit Saunaaufguss-Flair. So war der Abstecher beim naheliegenden Rewe unausweichlich. Neues Crushed Eis musste her, um die Wohlfühl-Temperatur der restlichen Weinflaschen gewährleisten zu können. Dazu ein paar Salatblätter, um den Kalorienhaushalt, beim erhöhten Alkoholkonsum, wieder in’s Gleichgewicht zu bringen. Nach der ersten Schorle präsentierten wir uns selbstbewusst auf dem Laufsteg zum Dixie. Wichtigstes Accessoire – die Rolle Klopapier! Kurze Zeit darauf waren wir endlich wieder hergerichtet und bereit für den Sprung in’s kalte Wasser. Während am Strand wirklich jeder Zentimeter voll genutzt wurde, musste man sich das kühle Nass des Gemminger Sees nur mit ein paar fancy Schwimmringen teilen. Man konnte also durchaus hoffen, dass nicht ganz so viele in’s Wasser gepinktelt hatten, wie anfangs vermutet. Mit diesem gesunden Optimismus war der Schwimmgang dann sogar ein bisschen erfrischend. Wir wollten totzdem auf Nummer sicher gehen und hüpften, direkt im Anschluss, unter die geschlechtergetrennte Sammeldusche. Eine Dienstleistung, die im Festivalticket nicht mit inbegriffen ist. Das Melt ist eben alte Schule, demnach wird Körperpflege auch bei 35 Grad überbewertet. Ein kostenfreier See reicht ja schließlich aus. Um der #musikdurstig Henna-Künstlerin aber nicht ganz so streng in der Nase zu liegen, schmiss das Bratwurstmadl eine Runde Waschwasser für 2,50 Euro. Das Henna gab es dann umsonst, genau wie das Bieryoga und den Schattenplatz in der Chillout-Area – sponsored by Warsteiner. Hier muss man löblich erwähnen, dass sie nicht nur Bier, sondern auch Festivals können! #musikdurstig wird wirklich jedem Festivalbesucher gerecht.
WELCOME TO MELTOPIA – CAMPINGLATZ 2.0
An dieser Stelle muss aber auch das Melt Festival selbst erneut gelobt werden. Der Rückzugsort Meltopia, auf dem Zeltplatz, verbindet Chillen mit DIY, Aufklärung und Shopping. So konnte man nicht nur bei Vino Kilo Second Hand Kleidung shoppen, sondern beim Siebdruck Workshop auch selbst Hand anlegen. Wem das zu gewöhnlich war, der konnte sich im Menstruationszelt, von Männern in Vulva-Kostüm, über die Menstruation aufklären lassen oder nebenan die Hüpfburg stürmen. Eine wirklich schöne Sache, um sich die Zeit zu vertreiben, solange die Festivaltore noch nicht geöffnet sind. Dabei bietet die Foodmeile ein ausreichendes Angebot an figurerhaltenden Maßnahmen zum durchschnittlichen Festivalpreis. Besonders hervorheben möchte ich an diese Stelle den integrierten Biergarten. Vergessene Campingstühle waren also kein Grund zum Trübsal blasen. Unter großen Sonnenschirmen war genug Platz um sich eine kleine Auszeit zu gönnen und vor der glühend heissen Sonne zu schützen.
SENSI STAGE – DER PSYCHODELISCHE ZAUBERWALD
Nach so viel Freizeitaktivität war es an der Zeit Ferropolis erneut die Ehre zu erweisen und die Stages, zur Abwechlsung, mal bei Tageslicht zu erkunden. Wir starteten mit WhoMadeWho und Odesza auf der Melt Stage, bevor wir uns aufteilten und ausströmten. Während sich Tatjana für die Meltselektor Stage am Strand entschied, wanderten Vicky und ich durch den Zauberwald zur Sensi Stage. Ein Meer voller Lichterketten umrahmt von einem kleinen, bleuchteten Treibhaus – womöglich die hauseigene Grasplantage. Die Sensi Stage selbst – passend dazu – leicht psychodelisch angehaucht. Zu den Beats von EXZ stampften wir ein bisschen Holz in den Boden, bis wir als Sondereinsatzkommando gerufen wurden. Suchtrup #eineschachtelvicky machte sich auf zur #bratwurst um erste Informationen aufzunehmen. Die Bestandsaufnahme ergab: Handyverlust am Strand. Auf den Schock mussten wir uns erstmal setzen und so suchten wir nicht nur unsere, mit Bier gefüllte, Kühlbox, sondern auch die Campingstühle des Zeltplatzes auf. Diese sollten wir in dieser Nacht auch nicht mehr verlassen. Kid Simius trauere ich zwar heute noch nach, aber meine Beine hätten es nicht mehr geschafft, den weiten Weg nochmal anzutreten.
Auch der Sonntag verlief etwas anders, als ursprünglich geplant und so musste ich das Melt Festival vorzeitig verlassen. Über Stunden führte ich einen inneren Kampf, bei dem die Vernunft schließlich siegte. Wie sehr hatte ich mich auf den Auftritt der Parcels gefreut. Ein bisschen Funk zum krönenden Abschluss, bevor ich den weiten Heimweg antreten musste. Schon Wochen zuvor war klar, dass der letzte Festivaltag für mich nur ein kurzes Vergnügen werden würde. Aufgrund einer Geschäftseise am darauffolgenden Tag und der weiten Entfernung, musste ich frühzeitig die Autobahn rocken, um wenigstens noch ein bisschen Schlaf abzubekommen. Somit wäre es schwachsinnig gewesen, lediglich für den Auftritt der Parcels, sieben Stunden später Zuhause anzukommen. Sicher etwas bitter, bei einer Geschäftsreise in den Europa Park aber ein durchaus annehmbarer Verzicht. Im kommenden Jahr werde ich dann etwas mehr Zeit mitbringen. Dann gibt es für euch auch ein paar mehr Eindrücke der einzelnen Stages. Mit neuen Locations bin eben auch ich ein bisschen überfordert! Sieht man einmal davon ab, dass man für die sanitären Anlagen zusätzlich zahlen muss, ist das Melt ein wirklich großartiges Festival. Besucherzahl, Location und Organisation, sind neben dem vielseitigen Angebot an Künstlern und Stages ganz nach meinem Geschmack. Das alles mit einem eigenen See – für mich ein ganz klares #festivalgoal!
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